Das Nerven von Bono

Joshua Tree

Mittlerweile folgten FfK nicht anderen, sondern ein großer Tross Anderer folgte FfK. Das machte das Reisen nicht unbedingt komfortabler.

Im Tross der Verfolger befand sich auch ein Herr Bono und seine Band. Diese waren FfK gegenüber äusserst aufdringlich. Zwar hatten U2 Corbijn im Schlepptau, erhofften sich aber von den Meistern der Lochkamerafotografie Besonderes.

FfK, eben erst noch friedlich schlummernd vor einem Mammutbaum, befanden sich nun auf dem Weg nach Joshua Tree. Bald schon erreichten sie den Nationalpark und wieder begann die Suche nach einem geeigneten Rastplatz. Schelmisch, wie sie nun einmal waren, deuteten sie mal hier, mal da, an, dass sie sich nun niederlassen würden, was dazu führte, dass der riesige Tross ebenfalls anhielt und in Windeseile seine Zelte und Biwaks aufzuschlagen began. FfK ihrerseits packten sodann rasch ihre Sachen zusammen und fuhren zu einem nächsten Campground. Panik brach unter den Verfolgern auf und überstürzt folgte man FfK.

Irgendwann wurde es Büttner zu blöd und er wies Bohl und Reuss an, jetzt den Spuk zu beenden. Eilig folgten die Gefährten der Anweisung und kamen ihrer Pflicht, Miller Bier aufzutreiben, nach. Büttner indes richtete das Lager ein, entzündete ein Feuer und träumte vor sich hin. Bono, der mit seiner Penetranz schon eine ganze Weile unangenehm aufgefallen war, streunerte um den Lagerplatz von FfK herum, trat von einem Bein aufs andere und stammelte dann, nach unendlicher Zeit, ein «Hi» hervor.

Die Aussicht war nicht berauschend, aber es war ein passabler Sehnsuchtsort. Nicht im Bild: Eine tote Schlange, Bono und der Kojote, den Beuys später in eine Galerie in New York verschleppen sollte.

Bohl und Reuss suchten nicht nur nach Bier, sondern sie waren auch und ebenso auf der Suche nach Wildtieren. So stapften sie durch die mittägliche Sonnenglut auf der Suche nach Tieren, die sie zuvor allenfalls im Frankfurter Zoo gesehen hatten. Doch es kam anders! Fast alle Tiere, die sich nicht vor der Sonnenglut zu verstecken wussten, defilierten vor Büttners Gesichtsfeld und beschnupperten die köstlichen Speisen, die auf dem Feuer lagen.

Es war absurd! Wile E. der Kojote machte sich an das köstliche Steak heran, schnappte es sich und bekam es alsbald von seinem Kumpan Road Runner abgeluchst. Das würde ihm doch keiner glauben, dachte Büttner. Das ist doch alles nicht wahr.

Als Bohl und Reuss von ihrer Exkursion zurückkamen, erzählte Büttner ihnen aufgeregt von seinen Erlebnissen. Die Freunde hingegen wirkten betrübt, hatten sie doch ausser Miller Bier nichts an lebenden oder toten Tieren erblickt.

Beuys unterdessen packte Wile E. ein und verschleppte ihn nach New York.

Bono, der sich nun offiziell bei FfK vorstellte, bettelte um gelungene Bilder von ihm und der Band. Sie hatten ihr neues Album Joshua Tree eingespielt und wollten noch berühmter werden. Und wenn schon nicht die Musik dazu beitrug, dann doch ein gelungenes Cover-Foto.

Bohl, immer schon vom Herzen her ein Liebhaber und sogleich Kritiker des Pop, verlangte von Bono, dass sie ihr Album live hier in Joshua Tree vorspielen sollten. Erst danach, so Bohl, würden die Dudes entscheiden, ob sie für ihn eine Fotografie anfertigen würden. So kam es, dass U2 in Joshua Tree ein Unplugged-Konzert gaben, lange bevor MTV dieses Format kommerzialisierte.

Büttner kabelt derweil über WASTE an Kampmann, dass er dem Iren nicht einen Millimeter über den Weg traue. Er äusserte zudem die Vermutung, dass irgendwann die Queen ihn zum Ritter schlagen könnte. Dazu zitierte er noch die Textzeile Gott schütze die Königin – Das faschistische Regime – Sie haben dich zum Idioten gemacht – Eine potenzielle H-Bombe der Sex Pistols. Danach riss im wahrsten Sinne des Wortes die Verbindung ab, denn die Schnurr wurde von Storl durchtrennt, der Büttner auf diese Weise an das Halten seines Vortrags erinnern wollte. Kampmann erreichte wieder einmal die Botschaft nicht.

FfK machten sich daran den Baum zu fotografieren, der dem Nationalpark seinen Namen gab.

Joshua Tree, wie er wirklich ist. Nicht im Bild: Bono und seine Band, die von Büttner auf Abstand gehalten wurden.

Nach dem Konzert war klar, dass FfK U2 nicht fotografieren würden. Corbijn machte dann das Foto und im Anschluss fuhren diese nach Zabriskie Point, um einen Joshua Tree zu fotografieren. Fans deckten viele Jahre später auf, dass der Baum am sterben war, da er, der er die Einsiedelei gewählt hatte, durch die ungewollte Aufmerksamkeit seinen Sinn am Dasein verlor.

In Joshua Tree wurde es Abend, FfK entzündeten ein Lagerfeuer, um das sie, und andere, sich versammelten. Büttner hielt einen Vortrag über Trance-Reisen und bat im Anschluss Felicitas Goodman darum, mit ihnen eine Trance-Reise zu unternehmen. Felicitas kramte ihre Trommel hervor und begann einen schnellen Takt zu schlagen. Das Feuer lies Schatten auf den Gesichtern der Trance-Reisenden tanzen. Tschiltans und andere Geister traten in Erscheinung, nur wahrgenommen von den Trance-Reisenden. Büttner war in der Bären-Haltung versunken, andere wählten andere Haltungen.

Der Abend ging lange und zählte zu den eindrücklichsten dieser Reise. Endlich, so Büttner, waren wir mit Amerika in Kontakt.

Beuys, der aus der Ferne dem Treiben zuschaute, nahm sich vor, auch in Kontakt mit Amerika zu kommen. Den Kojoten hatte er ja schon in seinem VW-Bus eingesperrt. Geschwind fuhr er zur nächst größeren Stadt und lies den Kojoten via WASTE nach New York transportieren. Er selbst packte sich ins nächste Flugzeug, um sich sodann wieder nach Amerika einfliegen zu lassen. In einer ollen Filzmatte eingerollt wurde er in die Galerie verbracht, in der sich Wile E. unendlich langweilte. Als Beuys auftauchte, nahm für Wile E. die Langeweile zu. Er knabberte ein wenig an der unverdaulichen Filzmatte und sagte zu sich und zu Beuys: «Mensch, verpiss dich.» Beuys, der noch immer nicht in Kontakt mit Amerika, dem Schamanentum und der Ur-Natur war, verstand kein Wort.

Soundtrack: Butthole Surfers, Kuntz, Locust Abortion Technician, Touch and Go, 1987