Rapport vom ersten metalabor

Tag 07 – Imperialismus

Der Imperialismus war seit Anbeginn der Zeit ein Krebsgeschwür, welches auch die Dudes nicht besiegen konnten.

In einem Hinterzimmer des Grand Hotel Europa hatte sich Brzezinski dauerhaft eingemietet und verbreitete seit den 1990er Jahren seine Thesen zu Amerikas Strategie der Vorherrschaft. Er fand seinen Trick, sich dauerhaft im Grand Hotel einzumieten, sehr gewieft und band das auch jedem auf die Nase. Wer darüber gar nicht lachen konnte war Udo, der seinerseits Dauermieter in einem Hotel war.

Aktuell erfreute sich Brzezinski wieder einer gewissen Aufmerksamkeit. Ukraine, Xinjiang, Uiguren, eurasischer Balkan. All das waren Themen, die wieder auf den Kanälen der Staatsender eine gewisse Prominenz erfuhren.

Am Abend dozierte Brzezinski heimlich, wie die aktuellen Ereignisse zu verstehen seien. Putin verarsche gerade Biden, der seinerseits versuche Putin zu verarschen. Macron verarscht Biden, Putin und vor allem Scholz, der eigentlich Merkel ist. Scholz erntet die Früchte von Schröder, und an sich wollen alle verhindern, dass die BRD mächtiger wird. Biden will also, dass Putin sich die Ukraine einverleibt. Dann würde Nordstream-2 nicht vollendet. Und die BRD wäre weniger wichtig. Das Machtverhältnis würde dann mehr zu Frankreich tendieren, das voll auf Atomkraft setzt. Es geht, so ließ Brzezinski seine Zuhörer wissen, um Energie. Und um zarristische Großmannssucht. Wenn Nordstream-2 in Betrieb gehe, so Brzezinski, würde die BRD als Energieverteilstation mächtig an Bedeutung gewinnen. Im Verbund mit Russland würden beide Länder den eurasischen Raum beherrschen. Frankreich wäre abgehängt und die USA auf das Wohlwollen Russlands und der BRD angewiesen. Die Ukraine würde zu einem belanglosen Aufmarschgebiet verkommen, das keiner wirklich mehr haben will. Die USA würden an Einfluss verlieren. Sie brauchen also die Ukraine als Zankapfel, auch um Nordstream-2 zu verhindern.

– Wie passt da Xinjiang rein? fragte Graf Zahl.

Als weltweiter Unruhestifter sei es nur selbstverständlich, so Brzezinski, dass man auch in China die Islamisten-Karte spiele. Mit den Uiguren habe man eine Ethnie ausgemacht, die man, nachdem Tibet einfach keinen mehr hinter dem Ofen hervorlocke, gut gegen Peking ausspielen kann. Die Atlantik-Brücke sei stabil, merkte Brzezinski an, was sich medial positiv bemerkbar macht. Erst neulich lief auf arte, der Euro-Brain-Wash-Institution, ein erschreckender Dokudrama-Film, der bis auf weiteres Kritiker mundtot machen würde. Alle Welt hasse nun die Chinesen, folgerte Brzezinski. Und, merkte er spöttisch an, selbst die Grünen seien jetzt für Aufrüstung.

Was Brzezinski verschwieg, war, dass auch Uiguren hassverblendet als Islamisten in den entsprechenden Kriegen Erfahrungen gesammelt haben und diese heim ins Reich der Mitte tragen.

Brzezinski dozierte weiter, dass es der erznationalistische Xi den US-Imperialisten mit seiner Haltung sehr einfach mache, die Uiguren-Karte zu spielen. So wie der Dumbartz Putin mit seinem Zaren-Imperialisten-Gehabe es dem Westen leicht macht, die Ukraine-Falle ein ums andere Mal aufzubauen. Putin tappt jedes mal, dumm wie ein Gepard, in dieselbe Falle. Zum Leoparden reicht es nicht. Den Gepard-Leopard-Vergleich fand Brzezinski gelungen und musste eine Weile selbstverliebt in sich hinein grinsen.

Tja, und noch etwas, frohlockte Brzezinski, kommt dem Westen machtpolitisch zu Gute: Die Menschenrechte und das Völkerrecht! Man selbst halte sich an nichts, was da geschrieben stehe, aber, und dafür seien sie eben gemacht, sie taugen famos, anderen moralisch den Marsch zu blasen. China, zum Beispiel, so Brzezinski, posaune etwas von anderem Demokratieverständnis, einem alternativen Modell gegenüber den westlichen Demokratien. Gut, und warum begehen sie einen Genozid an den Uiguren? Tolle Demokratie, gelle, merkte Brzezinski zynisch an.

Den Muppets wurde es zu bunt. Sie schlossen die Tür zu Brzezinskis Zimmer ab, warfen den Schlüssel in den Rhein, vernagelten noch geschwind das einzige Fenster und feierten im Hotel Happiness, dass sich im Grand Hotel Europa befand, eine rauschende Party.

Schopenhauer suchte derweil nach dem Schlüssel zu Brzezinskis Verlies.

Soundtrack: The Doors, Riders on the Storm, L.A. Woman, Elektra Records, 1971

Nachtrag: Chen treibt, wenn er nicht in Xinjiang für «Ordnung» sorgte, sein Unwesen in Bad Regina. Brzezinskis Geist schwirrt noch immer durch die atlantischen Think Tanks. Die Atlantik-Brücke impft immer noch ihren Nachkriegsimperialismus in die westlichen Medienhäuser. Putin träumt seinen blutigen Traum vom zarristischen Russland.