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Suheil, der Freund von Damaskus, hatte ihn immer gewarnt. Er zitierte einen seiner Helden, die er in unnachahmlicher Weise zu erfinden verstand: «Wenn der Morgen im Arsch ist, kann der Mittag nicht nach Rosen duften.» Damit hatte er Kampmann natürlich im Sack, denn der vergab sich nichts und redete bisweilen wie ein Gassenjunge. Suheil kannte ihn sehr genau. Und er sah, dass sich sein Freund wieder einmal zerfleischen wollte. Denn das, genau das war es doch, was der Feind wollte. «Und wenn der Bauer nicht schwimmen kann, liegt’s an der Badehose.» Kampmann drehte erst gar keine Rechtfertigungsschleife. Mit Suheil hatte er sich nach wohltuend langem Schlaf einem ausgiebigen Frühstück gewidmet und dann mit Suheil auf einen Mokka zusammengehockt, während Perry den immerzu liebenswürdigen Maurizio zu dessen Morgenstammplätzen im Dorf zog.

Analyse: Aus alledem war der typische Drive von Bröno Selfmachteger-Spretz, der hinter all dem stand, herauszulesen. Nicht dass der blonde Hüne die hellste Kerze auf der Torte gewesen wäre, das nicht, aber er schaffte es, durch sein mittelgeschicktes Eingreifen stets, dass sich in den Menschen das einstellte, was sie am meisten irritierte und daran hinderte, mit sich in Gelassenheit eins zu werden. Sie zerknirschten, und die Zahl der Opfer war gigantisch. Daher hatte Dr. Holger Karsch größten Wert auf die Aktion gelegt, über geschickte Zeitarrangements Selfmachteger-Spretz auf die Seite des Guten zu hieven. Was natürlich nicht gelang. Stattdessen schlug die Zeitfalle der totalitär-pervertierten Tempo-Faszis zu.

«Hast Du eigentlich mitbekommen, dass eine Kate O’Hara einen Frank in einem Buch mit dem umwerfenden Titel ‹Straße des Ruhms› Deinen Mittagsrosensatz sagen lässt?» Suheil schaute Kampmann an und prustete vor Lachen los. Da war er wieder, der alte K., der sich wirklich den hinterletzten Dreck an den Hals hängte, dann aber nur einen Atemzug später der Bedrohung mit einem erkergleichen Einwurf das komplette Geschehen umkehren konnte. Und während der auktoriale Erzähler an dieser Stelle noch größte Schwierigkeiten hat, sich zu wenden, um die Toskana und die Erde hinter sich zu lassen, hatte sich das Geschehen auf dem Todesstern Brönos dramatisch verdichtet, und zwar nicht zum Guten des Bösen. Denn dieser humoristisch-surrealistische Bruch im zu erwartenden Geschehensverlauf erzeugte in unmittelbarer Nachbarschaft des Raumschiffs eine Traum-Zeit-Anomaliese, die sich mit ihrem schönen, Lichtjahre schlanken Schlangenkörper ausdehnte, als stünde der nächste Urknall vor der Tür, dabei war es nur ein invertierter Dschinn, bezaubernd wie Jeannie, der da in unglaublicher Größe seine Liebenswürdigkeit schamlos aus einer Lichtquelle aus dunkler Energie ins Universum pumpte, und als diese titanische Pinup-Dame zur Vollständigkeit entbreitet war, fiel sie mit einem Zauber in sich zusammen und verdichte ca. 540923 Sonnenmassen auf einen unendlich kleinen Punkt, was man gemeinhin als Schwarzes Loch zu bezeichnen pflegt. Und schwupp die wupp erwischte es den scheinbar unkaputtbaren Todesstern mit dem ebenso scheinbar unkaputtbaren Zeitnazi Bröno Selfmachteger-Spretz. Und wie das mit Schwarzen Löchern so ist, zerriss es den Kerl, noch bevor er «quack» sagen konnte, und so endete er denn in… Tja, worin, das weiß keiner so genau. [Fortsetzung folgt vielleicht]

Leyla McCalla, The Capitalist Blues, Jazz Village, JV33570154; [PIAS], JV33570154, 2019