Inventar einer Abteilung für ungeklärte Zuständigkeiten
oder: Versuch einer erschöpfenden Beschreibung administrativer Unbestimmtheiten
Erste Bestandsaufnahme: Identitätszuweisungen und deren Scheitern
Müller (Vorname unbekannt, Personalnummer vermutlich zwischen 1247 und 1249, je nachdem, ob man die doppelt vergebenen Nummern mitzählt oder nicht, was wiederum davon abhängt, ob Kampmann seine Nummerierungslogik konsequent durchgehalten hat oder nicht, was angesichts seiner Tendenz zur kosmischen Ablenkung eher unwahrscheinlich erscheint) sollte Schmidt (der sich, wie sich herausstellen wird, für Jones hält, was jedoch nur dienstags zutreffend ist, außer in Schaltjahren, wo sich die Wochentage verschieben und Jones mittwochs Schmidt ist, aber donnerstags Wagner bleibt, es sei denn, er ist beim Zahnarzt, was wiederum bedeutet, dass er denkt, er sei beim Friseur, eine Verwechslung, die auf die allgemeine Verzerrung zurückzuführen ist, von der später noch ausführlich die Rede sein wird) fragen, wer Müller ist, eine Frage, die auf den ersten Blick trivial erscheint, sich jedoch als Ausgangspunkt einer Kaskade von Identitätskrisen erweisen wird, die das gesamte administrative System erfassen und schließlich zur Entstehung jener Abteilung führen werden, die den Gegenstand dieser Bestandsaufnahme bildet.
Zweite Bestandsaufnahme: Kampmann als Datenbankbeauftragter und versehentlicher Kosmosarchitekt
Währenddessen fertigte Kampmann (Matthias? Oder war Matthias nur sein Dienstags-Ich? Die Personalakte gibt hierüber keine Auskunft, da sie selbst von Kampmann angelegt wurde, der zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, ob er Kampmann oder Matthias war, weshalb er vorsichtshalber beide Namen eintrug, was zu einer rekursiven Schleife in der Datenbank führte, die sich erst auflöste, als er versehentlich das DAO fallen ließ und dabei zehntausend neue Existenzen erschuf, von denen einige sich als Datenbankeinträge niederließen und dort ein Eigenleben zu entwickeln begannen) eine Liste an, die alle Namen enthielt, die möglicherweise Müller bezeichneten, wobei er von der Annahme ausging, dass Namen feste Zuordnungen darstellten, eine Annahme, die sich bereits während der Erstellung der Liste als problematisch erwies, da die Namen sich während des Tippvorgangs zu verändern begannen – nicht etwa aufgrund von Tippfehlern, sondern aufgrund der Tatsache, dass Kampmann in seiner Eigenschaft als Datenbankbeauftragter eine Datenbank erstellt hatte, die nicht nur Daten speicherte, sondern diese auch eigenständig interpretierte und dabei zu Schlüssen gelangte, die mit der ursprünglichen Intention ihres Schöpfers nur noch entfernt verwandt waren.
Diese Datenbank (MariaDB Version 7.3.2, wobei die Versionsnummer abhängig von der Tageszeit und Kampmanns emotionalem Zustand zwischen 6.2.7 und 8.0.1 oszillierte, ein Phänomen, das erst verstehbar wird, wenn man berücksichtigt, dass das in Kampmanns Hosentasche befindliche DAO-Fragment bei jeder Berührung der Tastatur minimale Realitätsverzerrungen verursachte) enthielt eine Tabelle mit den Spalten „Wer_ist_wer“ (Datentyp: VARCHAR(255), aber praktisch unbegrenzt, da die Einträge sich selbst rekursiv erweiterten), „Wer_sollte_wer_sein“ (ursprünglich als BOOLEAN konzipiert, aber aufgrund der kosmischen Komplexität der Fragestellung auf QUANTUM_SUPERPOSITION erweitert) und „Wer_glaubt_wer_zu_sein“ (ein experimenteller Datentyp namens BELIEF_STATE, den Kampmann erfunden hatte, nachdem er bemerkt hatte, dass herkömmliche Datentypen zur Abbildung der in seiner Abteilung herrschenden Realitätsverhältnisse ungeeignet waren).
Dritte Bestandsaufnahme: Das Problem der Primärschlüssel und die Auto-Increment-Problematik
Die Primärschlüssel dieser Tabelle überschrieben sich ständig selbst, was darauf zurückzuführen war, dass Kampmann vergessen hatte, Auto-Increment zu aktivieren – ein Versäumnis, das auf den ersten Blick wie ein simpler technischer Fehler erscheint, sich jedoch bei genauerer Betrachtung als metaphysisches Problem erweist: Wenn Identitäten fließend sind und sich ständig wandeln, wie kann dann ein Primärschlüssel, der per Definition eindeutig und unveränderlich sein sollte, diese Realität abbilden? Kampmanns „Vergessen“ des Auto-Increments war somit möglicherweise weniger ein Versehen als vielmehr eine unbewusste Erkenntnis der fundamentalen Unmöglichkeit, Identität in starren Datenbankstrukturen zu erfassen.
Diese Erkenntnis gewann zusätzliche Relevanz durch die Anwesenheit des zerbrochenen DAO-Fragments (Durchmesser: approximativ 3,7 cm, Dicke: 0,4 cm, Farbe: ein schimmerndes Grün, das je nach Lichteinfall zwischen Smaragd und Malachit changierte, Gewicht: scheinbar gewichtslos, obwohl es schwerer wog als sein Volumen vermuten ließ – ein Paradox, das Kampmann anfangs für eine Eigenart des Materials hielt, später jedoch als Indiz für die Tatsache erkannte, dass das Fragment nicht nur physisch, sondern auch metaphysisch existierte), das als USB-Stick getarnt in Kampmanns Hosentasche lag und dessen permanente Präsenz seine Konzentrationsfähigkeit auf jenes Minimum reduziert hatte, das gerade noch ausreichte, um die grundlegenden Funktionen der Datenbankadministration aufrechtzuerhalten, aber keinesfalls mehr, um die komplexeren Implikationen seiner Entscheidungen zu durchdenken.
Vierte Bestandsaufnahme: Schmidt, Jones und die UTF-8/Latin-1-Problematik
Schmidt (siehe oben bezüglich der Jones-Problematik) wusste nicht, wer Müller war, was ihn jedoch nicht daran hinderte, zu glauben, er sei Jones – ein Glaube, der, wie sich herausstellen sollte, nicht völlig unbegründet war, da er tatsächlich dienstags zu Jones wurde, ein Transformationsprozess, dessen Mechanismus nie vollständig geklärt wurde, der aber möglicherweise mit den wochentäglichen Identitätswechseln zusammenhing, die nach Kampmanns DAO-Unfall die gesamte Abteilung erfasst hatten. Diese Situation veranlasste Büttner (Himmelsmeister, obwohl er diese Eigenschaft sorgfältig verbarg und nach außen hin den Anschein eines gewöhnlichen Verwaltungsangestellten erweckte, was ihm durch jahrelange Übung in der Kunst des himmlischen Understatements gelang) dazu, ein Organigramm zu zeichnen, das die wahre Identität Schmidts aufzeigen sollte.
Parallel dazu versuchte Kampmann eine SQL-Abfrage zu formulieren: SELECT * FROM Personal WHERE Name = ‚Schmidt‘ AND Tag = CURRENT_DATE(), eine Abfrage, die auf den ersten Blick einfach erscheint, sich jedoch als Problem von beträchtlicher Komplexität erwies, da die Datenbank ERROR 1267 zurückgab: „Illegal mix of collations“. Dieser Fehler war darauf zurückzuführen, dass Schmidt mittwochs in UTF-8 und donnerstags in Latin-1 kodiert war – eine Inkonsistenz, die nicht etwa auf einen Programmierfehler, sondern auf die fundamentale Tatsache zurückzuführen war, dass Schmidt an verschiedenen Wochentagen unterschiedliche Zeichensätze repräsentierte, je nachdem, welche Aspekte seiner Persönlichkeit an welchem Tag dominierend waren.
Büttner, der seinen schwarzen Kaffee schlürfte (Marke: unbekannt, Herkunft: vermutlich himmlischen Ursprungs, Temperatur: konstant optimal, unabhängig von der Zeit, die seit dem Aufbrühen vergangen war, Geschmack: von einer Komplexität, die irdische Kaffees nicht erreichen können, obwohl Büttner stets so tat, als sei es gewöhnlicher Bürokaffee aus dem Automaten im dritten Stock), wusste als erfahrener Himmelsmeister, dass Kampmanns SQL-Probleme nicht technischen, sondern kosmischen Ursprungs waren. Als er das DAO hatte fallen lassen und dabei das Universum in zwei Hälften zerbrochen war, war aus diesen Hälften das grau-bürokratische Dritte hervorgegangen, das nun als Verwaltungsrealität alle Identitäten durcheinanderbrachte und dabei Datenbank-Collations genauso betraf wie menschliche Selbstwahrnehmungen.
Fünfte Bestandsaufnahme: Jones/Wagner und die Zahnarzt-Friseur-Verwirrung
Jones (eigentlich Wagner, aber nur donnerstags, es sei denn, er befand sich beim Zahnarzt, in welchem Fall er glaubte, beim Friseur zu sein, eine Verwechslung, die auf die allgemeine Verzerrung der Dienstleistungswahrnehmung zurückzuführen war, die als Kollateralschaden des DAO-Unfalls aufgetreten war) war beim Zahnarzt, hieß aber eigentlich Wagner – eine Feststellung, die Kampmann dazu bewog, eine UPDATE-Operation zu initiieren: UPDATE Personal SET echter_name = ‚Wagner‘ WHERE vermutlicher_name = ‚Jones‘, eine Operation, die jedoch fehlschlug, nicht aufgrund syntaktischer Fehler, sondern aufgrund der Tatsache, dass die aus den DAO-Scherben entstandenen Himmelswesen inzwischen die Datenbankserver kolonisiert hatten und dort ihre eigenen Identitätsspiele betrieben.
Diese Himmelswesen (Anzahl: zehntausend, ursprünglich entstanden durch Kampmanns tollpatschigen Griff nach dem himmlischen DAO, Größe: variabel, zwischen mikroskopisch und etwa so groß wie eine Büroklammer, Verhalten: verspielt bis chaotisch, Lieblingsaufenthaltsorte: Zwischenräume in Datenstrukturen, temporäre Dateien, Clipboard-Inhalte und die Lücken zwischen Gedanken, besondere Fähigkeiten: Transformation von Tippfehlern in kosmische Ereignisse, spontane Erzeugung von Paradoxien, Aufbreitung existenzieller Verwirrung durch simple Anwesenheit) krabbelten zwischen Kampmanns Fingern herum und amplifizierten seine Tippfehler zu Ereignissen von kosmischer Tragweite, weshalb jeder Versuch, die Datenbank zu korrigieren, weitere Instabilitäten nach sich zog.
Diese Ereignisse wurden in der benachbarten Abteilung für kleinere Katastrophen (offizielle Bezeichnung: „Abteilung für administrative Anomalien und deren Folgewirkungen“, inoffizielle Bezeichnungen je nach Tagesform: „Abteilung für Würstchenkatastrophen“, „Büro für Terraformungsschäden“, „Stelle für die Bearbeitung kosmischer Kollateralschäden“, „Referat für das, was schiefgeht, wenn Kampmann arbeitet“) ordnungsgemäß mit Häkchen auf endlosen Listen abgehakt, wobei die Listen selbst ein organisatorisches Kunstwerk darstellten: alphabetisch sortiert nach Art der Katastrophe, chronologisch geordnet nach Eintrittszeitpunkt, thematisch unterteilt nach Bereichen (Identitätskrisen, Datenbankanomalien, physikalische Unmöglichkeiten, metaphysische Störungen, administrative Paradoxien), und zusätzlich kreuzreferenziert nach Schweregrad, Auswirkungsbereich und Wahrscheinlichkeit der Selbstauflösung.
Sechste Bestandsaufnahme: Wagner/Meier und die MariaDB-Update-Problematik
Wagner versuchte gleichzeitig, sich selbst als Meier zu definieren, ein Unterfangen, das die bereits laufende UPDATE-Operation blockierte und eine Deadlock-Situation erzeugte, die nur durch einen kompletten Neustart der Datenbank hätte behoben werden können – ein Schritt, zu dem sich Kampmann jedoch nicht entschließen konnte, da er nicht sicher war, ob ein Neustart der Datenbank nicht auch einen Neustart der Realität zur Folge haben würde, eine Befürchtung, die angesichts der Tatsache, dass die Datenbank inzwischen von Himmelswesen bevölkert war, nicht völlig abwegig erschien.
Die Datenbank wartete auf ein MariaDB-Update von Version 7 auf Version 8, ein Update, das Kampmann vor Monaten eingeleitet, aber nie abgeschlossen hatte. Der Grund für diese Unterlassung war nicht technischer Natur, sondern existenzieller: Kampmann hatte zu dem Zeitpunkt, als das Update hätte finalisiert werden sollen, die Entdeckung gemacht, dass er durch präzises Stolpern neue Welten erschaffen konnte – eine Fähigkeit, die seine Aufmerksamkeit vollständig absorbierte und ihn das Update vergessen ließ. Das Update hing seither in einem Zustand zwischen Initiierung und Vollendung, was zur Folge hatte, dass die Datenbank permanent zwischen zwei Versionen existierte und dabei Eigenschaften entwickelte, die in keinem Handbuch beschrieben waren.
Diese Situation wurde zusätzlich kompliziert durch Kampmanns zunehmende Unsicherheit bezüglich seiner eigenen Identität. War er Kampmann? War er Matthias? Existierte er überhaupt? Diese Fragen gewannen an Dringlichkeit, je länger er das Update hinauszögerte, da er vermutete, dass die Vollendung des Updates möglicherweise zur Auflösung seiner eigenen Existenz führen könnte – oder umgekehrt, dass nur die Vollendung des Updates seine Existenz bestätigen würde. Diese Ungewissheit lähmte ihn und führte dazu, dass er stundenlang vor dem Terminal saß und systemctl stop mariadb tippte, ohne jedoch Enter zu drücken, da er die Konsequenzen dieser Aktion nicht abschätzen konnte.
Siebente Bestandsaufnahme: Büttners Frage und die Datenbank-Existenz-Problematik
In diesem Moment stellte Büttner die Frage: „Bin ich Kampmann?“ – eine Frage, die auf den ersten Blick absurd erscheint, da Büttner offensichtlich Büttner war, sich jedoch bei genauerer Betrachtung als höchst berechtigt erwies, da die durch den DAO-Unfall verursachten Identitätsverschiebungen inzwischen das gesamte Personal erfasst hatten und niemand mehr mit absoluter Sicherheit sagen konnte, wer er war oder ob er derjenige war, für den er sich hielt.
Während Büttner diese Frage stellte, polierte er seine Fingernägel mit einer Präzision, die Kampmann als übertrieben empfand, die jedoch in Wahrheit die charakteristische Sorgfalt eines Himmelsarchitekten widerspiegelte, der gewohnt ist, kosmische Strukturen zu justieren und dabei keinerlei Ungenauigkeiten toleriert. Jeder Fingernagel wurde einzeln bearbeitet, in einer bestimmten Reihenfolge (erst der Daumen, dann der Zeigefinger, dann der Mittelfinger, dann der Ringfinger, schließlich der kleine Finger, und das für beide Hände, wobei er mit der rechten Hand begann und mit der linken fortfuhr), mit Bewegungen, die so gleichmäßig waren, dass sie fast maschinell wirkten, aber dabei eine Eleganz besaßen, die klar machte, dass hier kein Automat am Werk war, sondern jemand, dessen Beherrschung der Materie so vollkommen war, dass sie mühelos erschien.
Kampmann antwortete: „Vielleicht“ – eine Antwort, die alles und nichts bedeutete und die möglicherweise die einzig ehrliche Antwort war, die in einer Situation gegeben werden konnte, in der die Kategorien des Seins und Nicht-Seins ihre Gültigkeit verloren hatten. Während er diese Antwort gab, spürte er, wie das grünlich schimmernde DAO-Fragment in seiner Tasche bei jeder Berührung der Tastatur pulsierte und dabei winzige Realitätsrisse in die Büroatmosphäre schnitt – Risse, durch die er gelegentlich Buchstabenschatten erblickte, die sich bewegten wie Lebewesen, aber nicht lesbar waren, nicht mehr lesbar waren seit dem Unfall mit der Bedeutung.
Achte Bestandsaufnahme: Der Unfall mit der Bedeutung und die himmlische Stimme
Der Unfall mit der Bedeutung (Zeitpunkt: unbestimmt, möglicherweise hatte er nie stattgefunden, möglicherweise fand er permanent statt, möglicherweise war er identisch mit dem DAO-Unfall, möglicherweise war er dessen Ursache oder Folge, Art des Unfalls: unbekannt, da die Bedeutung des Begriffs „Unfall“ durch den Unfall selbst unklar geworden war, Folgen: allgemeine Verzerrung der Bedeutungszusammenhänge, Verlust der Fähigkeit, Buchstabenschatten zu lesen, Auftreten einer Stimme aus dem geöffneten Himmel) hatte dazu geführt, dass Kampmann bestimmte Texte nicht mehr entziffern konnte, obwohl er sie sehen konnte. Die Buchstaben warfen Schatten, die eigenständige Bedeutungen zu haben schienen, aber diese Bedeutungen blieben ihm verschlossen.
Die Stimme aus dem geöffneten Himmel (Klangqualität: wie jemand mit schlechtem Empfang, Himmelstelefonempfang, Inhalt: zunächst höflich und entschuldigend, später schimpfend und beleidigend, Häufigkeit des Auftretens: sporadisch, meist in Momenten höchster Verwirrung, Glaubwürdigkeit: fragwürdig, da unklar war, ob die Stimme real war oder nur eine Projektion von Kampmanns und Büttners kollektiver Überforderung) meldete sich zu unvorhersagbaren Zeitpunkten und kommentierte das Geschehen mit einer Mischung aus göttlicher Autorität und bürokratischer Gereiztheit.
Diese Stimme würde später, nachdem sie ihren charakteristischen Stimmungswechselgewitter durchlaufen hatte, Kampmann und Büttner als „arme Würstchen“ beschimpfen – eine Bezeichnung, die zunächst beleidigend erschien, sich jedoch bei näherer Betrachtung als durchaus zutreffende Beschreibung ihrer Situation erwies: Sie waren tatsächlich arme Würstchen, Grillgut für das Feuer der Verachtung, kleine Fehler in der himmlischen Buchhaltung, die zu großen Würstchenfehlern in der Würstchenbuchhaltung geworden waren.
Neunte Bestandsaufnahme: Die Datenbank zwischen Laufen und Nicht-Laufen
Die Datenbank lief weiter, lief nicht, lief vielleicht – ein Zustand, der in herkömmlichen IT-Kategorien nicht beschreibbar war, da diese nur binäre Zustände (laufend/nicht laufend) vorsahen, aber keinen Raum für die Quantensuperposition ließen, in der sich die Datenbank seit dem DAO-Unfall befand. In diesem Zustand des „Vielleicht-Laufens“ waren alle Abfragen möglich und unmöglich zugleich, alle Ergebnisse korrekt und falsch, alle Transaktionen erfolgreich und gescheitert.
Während die Datenbank in diesem paradoxen Zustand verharrte, kannte Wagner nur Meier, der aber Schulze war, solange Schulze nicht da war – eine Konstellation, die in der Tabelle als NULL-Wert gespeichert war, obwohl NULL in diesem Kontext nicht das Fehlen von Daten bedeutete, sondern die Anwesenheit einer Leere, die vollständiger war als jede Anwesenheit. Diese NULL-Werte proliferierten durch die gesamte Datenbank und erzeugten dabei Strukturen von atemberaubender Komplexität: NULL-Hierarchien, NULL-Relationen, NULL-Indizes, die auf NULL-Tabellen verwiesen, welche NULL-Daten enthielten, die NULL-Bedeutungen hatten.
Schulze existierte gleichzeitig da und nicht da, ein Quantenzustand, den die zehntausend Himmelswesen als völlig normal empfanden, da sie aus einer Realitätsebene stammten, in der solche Paradoxien alltäglich waren. Diese Himmelswesen hatten sich als Datensätze getarnt und durchdrangen das gesamte System wie ein wohlwollender Virus, der statt Schaden anzurichten das System verbesserte, allerdings auf eine Weise, die von den ursprünglichen Entwicklern nicht vorgesehen war und die zu Ergebnissen führte, die zwar funktional waren, aber jeder logischen Erklärung spotteten.
Zehnte Bestandsaufnahme: Kampmanns Endlosschleife und die Paradox-Behandlung
Schulze war da, glaubte aber, er sei zuhause – eine Überzeugung, die Kampmann in eine Endlosschleife versetzte, sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn. Seine Programmierversuche resultierten in Code, der die Komplexität der Situation zu erfassen suchte: IF Schulze.location = ‚zuhause‘ AND Schulze.belief = ‚ist_zuhause‘ THEN Schulze.actual_location = ‚büro‘ ELSE paradox ERROR – ein Code-Fragment, das die fundamentale Unmöglichkeit verdeutlichte, Paradoxien in konventionellen Programmiersprachen abzubilden.
Die Paradox-Behandlung hatte er nie programmiert, eine Unterlassung, die nicht auf Vergesslichkeit, sondern auf die Erkenntnis zurückzuführen war, dass Paradoxien per Definition nicht behandelt werden können, ohne aufzuhören, Paradoxien zu sein. Stattdessen beschäftigte er sich zu diesem Zeitpunkt mit der Planung seines Stipendiums in England, wo er über „Recursive Identity Structures in Post-Digital Bureaucracies“ forschen wollte – ein Thema, das er, ohne es zu wissen, bereits praktisch erforschte, indem er es lebte.
Das Stipendium für diese Forschung war, wie sich später herausstellen sollte, eigentlich eine himmlische Versetzung, die Büttner diskret arrangiert hatte, nachdem die kosmischen Kollateralschäden von Kampmanns Anwesenheit ein Ausmaß erreicht hatten, das selbst für himmlische Verhältnisse beträchtlich war. Die Tarnung als akademisches Stipendium war dabei so perfekt, dass selbst Kampmann sie nicht durchschaute und tatsächlich glaubte, seine Forschung sei von irdischen Universitäten nachgefragt.
Elfte Bestandsaufnahme: Die Stimme, die Würstchen-Beschimpfung und die Himmelsbuchhaltung
In genau diesem Moment – oder in einem Moment, der genau diesem Moment ähnlich war, oder in allen Momenten gleichzeitig – öffnete sich der Himmel wie eine Dose, eine Himmelsdose, und die Stimme sprach, oder sprach nicht, oder sprach nur, weil Kampmann und Büttner dachten, dass sie sprach. Zunächst entschuldigte sich die Stimme höflich: „Entschuldigung“ – eine Höflichkeitsformel, die jedoch sofort von einem charakteristischen Stimmungswechselgewitter überlagert wurde, in dessen Verlauf die Stimme ihren Tonfall radikal änderte und zu schimpfen begann.
„Ihr armen Würstchen!“ schimpfte die Stimme, und diese Beschimpfung entfaltete sich zu einer veritablen Tirade himmlischer Würstchenverachtung: „Arme elende Würstchen seid ihr beide, Kampmann und Büttner! Armewürstchen! Grillgut für das Feuer der Verachtung! Kleine Fehler in der Buchhaltung, aber jetzt großer Würstchenfehler! Würstchenbuchhaltung! Oxidationswürstchen! Terraformierungswürstchen, die sich einbilden, am Feuer zu sitzen, dabei seid ihr nur Grillgut! Würstchenfleisch für das kosmische Barbecue der Bedeutungslosigkeit!“
Die Stimme klärte auf, dass sie eigentlich nur Abteilungsleiterin sei, nicht Gott, da Gott in einer Besprechung war – einer Himmelsbesprechung über das Würstchenmanagement, über Terraforming, über Oxidation, über die allgemeine Verzerrung, die dazu geführt hatte, dass Würstchen wie Kampmann und Büttner sich einbildeten, etwas anderes zu sein als Grillgut für die überlieferten Bräuche der himmlischen Würstchenverachtung.
„Das mit dem Weltbrand war nicht eingeplant in der Himmelsbuchhaltung!“ fuhr die Stimme fort. „Ihr solltet nur Würstchen grillen! Würstchenterraforming! Aber wir haben auch davorer“ – ein Wort, das niemand verstand, das aber offenbar von großer Bedeutung war – „während die Kohlenstoffdioxidfänger stehen wie eine nützlichkeitsorientierte Pflanzung!“ Die Stimme kündigte an, alles zurückzudrehen: „Ich drehe das zurück! Fünf Minuten zurück!“ Aber welche Zeit? Planetenzeit? Bewusstseinszeit? Oxidationszeit? Bürozeit? Datenbankzeit? Himmlische Zeit? Zeit überhaupt?
Zwölfte Bestandsaufnahme: Schulzes Frau und die Sekretärin-Transformation
Zuhause (ein Begriff, dessen Bedeutung nach dem DAO-Unfall problematisch geworden war, da unklar war, ob „zuhause“ einen physischen Ort, einen emotionalen Zustand oder einen Datenbankfeld bezeichnete) wartete Schulzes Frau, die sich für seine Sekretärin hielt – eine Verwechslung, die auf den ersten Blick pathologisch erscheint, sich jedoch als direkte Folge des DAO-Bruchs erwies, der Yin und Yang getrennt und dabei nicht nur kosmische, sondern auch soziale und familiäre Strukturen durcheinandergewirbelt hatte.
Büttner dokumentierte diese Situation mit einem kaum merklichen Lächeln (Dauer des Lächelns: approximately 0,3 Sekunden, Intensität: minimal, aber himmlisch, erkennbar nur für geschulte Beobachter oder andere Himmelsmeister, Bedeutung: vollständiges Verständnis der kosmischen Ironie der Situation), indem er einen Vermerk anlegte: „Ehefrau/Sekretärin-Verwechslung, Klärung erforderlich“ – ein Vermerk, der in seiner bürokratischen Trockenheit die ganze Tragik der Situation erfasste, ohne sie zu bewerten oder zu kommentieren.
Parallel dazu ließ Kampmann mysqldump laufen, ein Backup-Prozess, der auf den ersten Blick routinemäßig erschien, sich jedoch als hochproblematisch erwies, da das Backup auf einen Server geschrieben wurde, der in Hamburg stand und dem er nur noch per VPN zugreifen konnte, wenn er sich an das Passwort erinnerte. Das Passwort hatte er jedoch mit seiner Identität verknüpft, die er seit der gescheiterten Datenmigration nicht mehr genau bestimmen konnte, wodurch das Backup zu einem existenziellen Problem wurde: Um das Backup zu erstellen, musste er wissen, wer er war, aber um zu wissen, wer er war, brauchte er das Backup seiner Identitätsdaten.
Zusätzlich wurde jedes Backup, das er auf den Server schrieb, von den dortigen DAO-Fragmenten kontaminiert, die er bei früheren Reisen unbewusst verstreut hatte und die nun ein Netzwerk himmlischer Instabilitäten bildeten, das sich über mehrere Städte erstreckte und dabei Realitätsverzerrungen verursachte, die weit über die ursprüngliche Abteilung hinausreichten.
Dreizehnte Bestandsaufnahme: Die Sekretärin als Abteilungsleiterin und die Message-Queue-Problematik
Die Sekretärin (ursprünglich Schulzes Sekretärin, dann von seiner Frau verkörpert, schließlich wieder eigenständig existent, aber mit erweiterten Befugnissen und einem Bewusstsein für die kosmischen Zusammenhänge ihrer Situation) war längst Abteilungsleiterin geworden, wusste es aber nicht, da die entsprechende Benachrichtigung in der message_queue der Datenbank feststeckte – und zwar nicht aufgrund technischer Probleme, sondern weil ein besonders vorwitziges Himmelswesen aus Kampmanns DAO-Unfall sich als Systemprozess getarnt und beschlossen hatte, dass hierarchische Strukturen überbewertet seien.
Dieses Himmelswesen (Charakteristika: außergewöhnlich demokratische Gesinnung für ein kosmisches Wesen, Tendenz zur Infragestellung von Autoritätsstrukturen, Fähigkeit zur Mimikry von Systemprozessen, besondere Vorliebe für Message-Queues und E-Mail-Filter, politische Einstellung: anarchistisch mit himmlischen Tendenzen) hatte die Beförderungsnachricht abgefangen und hielt sie in einer Warteschleife fest, nicht aus Bosheit, sondern aus der Überzeugung heraus, dass Beförderungen grundsätzlich problematisch seien und erst dann erfolgen sollten, wenn die beförderte Person wirklich bereit dafür sei – ein Zeitpunkt, der nach Ansicht des Himmelswesens noch nicht erreicht war.
Kampmann hatte vor seiner Abschiedsparty (wobei unklar war, ob es seine oder Büttners Abschiedsparty war, da die Kategorien des Mein und Dein durch den DAO-Unfall ebenfalls verschwommen waren) das große Update endlich durchführen wollen, aber dann kam der Anruf aus London. Dieser Anruf war in Wahrheit eine telepathische Übertragung von Büttners himmlischen Vorgesetzten, die dringend jemanden brauchten, der „Waiting for Godot in IT-Environments“ erforschen könnte, da Kampmanns natürliche Begabung zur existenziellen Verwirrung in akademischen Kreisen als bahnbrechend galt.
Vierzehnte Bestandsaufnahme: Das Koffer-Packen und die Version-Transmutation
Kampmann packte seinen Koffer (Marke: Samsonite, Farbe: schwarz, Größe: mittel, Zustand: gut, aber mit Gebrauchsspuren, die möglicherweise von interdimensionalen Reisen stammten, Inhalt: wechselnd, da sich die Gegenstände je nach seiner Identitätslage veränderten – war er Kampmann, benötigte er andere Kleidung als wenn er Matthias war), unpackte ihn wieder (weil er sich nicht sicher war, ob die gepackten Gegenstände zu seiner aktuellen Identität passten), packte ihn um (diesmal systematischer, mit Listen und Kategorien, die jedoch sofort obsolet wurden, als sich seine Identität wieder veränderte), während er gleichzeitig auf dem Terminal tippte und dabei nicht bemerkte, dass das grünliche DAO-Fragment in seiner Tasche bei jeder Bewegung die Versionsnummern auf dem Bildschirm veränderte.
SELECT version(); – die Abfrage, die eigentlich eine simple Systemabfrage darstellte, wurde zu einem existenziellen Statement, da die angezeigte Versionsnummer sich ständig änderte: Version 7.3.2 stand da, könnte auch 8.0.1 stehen, oder 6.2.7, oder 3.14.159 (offenbar liebten die Himmelswesen mathematische Konstanten), oder ∞.0.0 (was technisch unmöglich war, aber trotzdem funktionierte), oder NULL.NULL.NULL (was eigentlich zu einem Systemabsturz hätte führen müssen, aber stattdessen ein Gefühl tiefer kosmischer Ruhe vermittelte).
Diese Zahlen verwandelten sich wie Schmetterlinge in einem digitalen Kokon, wobei jede Transformation von einem kleinen Lichtblitz begleitet war, den nur Kampmann sehen konnte und der ihm das Gefühl gab, Zeuge eines Wunders zu sein, auch wenn er nicht genau wusste, welches Wunders.
Fünfzehnte Bestandsaufnahme: Die Abschiedsnotiz und die Parallelexistenz
Schließlich hinterließ Kampmann Büttner eine Notiz (Format: Post-it, Farbe: gelb, Größe: standard, Handschrift: unregelmäßig, da geschrieben während einer Phase besonderer Identitätsunsicherheit, Inhalt: rätselhaft, aber mit einer Ehrlichkeit, die bemerkenswert war), die dieser mit der Ruhe eines Kosmosverwalters las:
„Datenbank läuft. Oder läuft nicht. Update läuft. Oder hängt. Backup ist da. Oder war da. Oder wird da sein. Die kleinen grünen Dinger sind übrigens sehr anhänglich und mögen besonders Bach (die Inventionen, nicht die Fugen). Kümmere dich drum. Oder lass es. Bin in England. Oder Hamburg. Oder auf einem terraformierten Planeten, wo ich Würstchen grillen soll, aber stattdessen die Welt anbrenne, was laut der himmlischen Buchhaltung nicht eingeplant war. Terraforming läuft. Oxidation auch. Das Feuer brennt oder brennt nicht oder brennt schon immer in meinem Kopf seit der großen Oxidation. Grüße, Kampmann (oder der versehentliche Schöpfer von allem, jedenfalls laut der Liebe Gott ein armes Würstchen, was aber vielleicht ehrlicher ist als alle anderen Jobtitel).“
Diese Notiz offenbarte, dass Kampmann nicht nur in der Bürorealität existierte, sondern gleichzeitig eine Parallelexistenz auf einem terraformierten Planeten führte, wo er sich am Lagerfeuer befand und nicht wusste, ob er Kampmann war oder dachte, dass er Kampmann war, während er gleichzeitig spürte, dass das Feuer entweder vertrauenswürdig war oder dasselbe Feuer, mit dem die Zeitnazis ihre waffenstarrenden Planeten schufen.
Auf diesem Planeten (Bezeichnung: unbekannt, möglicherweise hatte er keinen Namen oder zu viele Namen, Beschaffenheit: ordentlich bis zur Unheimlichkeit, Vegetation: geometrisch angeordnet, als hätte die Liebe Gott höchstpersönlich eine nützlichkeitsorientierte Pflanzung vorgenommen, Bewohner: Kampmann, möglicherweise Büttner, die Alten (verschwunden, aber mit Spuren), Zeitnazis (in den Ebenen, grabend), Kohlenstoffdioxidfänger (stehend wie durchdigitalisierte Bauern), atmosphärische Bedingungen: oxidierend) standen Kohlenstoffdioxidfänger wie durchdigitalisierte Bauern aus dem ausgehenden einundzwanzigsten Jahrhundert, satellitennetzgesteuert und mit einer Präzision arbeitend, die sowohl beeindruckend als auch beunruhigend war.
Sechzehnte Bestandsaufnahme: Die Datenbank-Selbstverwaltung und die himmlischen Stored Procedures
Die Datenbank überließ Kampmann sich selbst – eine Formulierung, die mehrere Interpretationen zuließ: Entweder überließ Kampmann die Datenbank sich selbst, oder die Datenbank überließ Kampmann sich selbst, oder beide überließen sich gegenseitig sich selbst, was zu einer interessanten Symmetrie führte. In jedem Fall bedeutete diese Situation, dass die Datenbank nun autonom operieren musste, eine Aufgabe, für die sie durch die Anwesenheit der zehntausend Himmelswesen gut gerüstet war.
Diese Himmelswesen hatten ihre kosmische Herkunft vergessen (oder taten so, als hätten sie sie vergessen, was bei Himmelswesen dasselbe ist) und nun als Stored Procedures, Trigger und Views ein eigenes Universum innerhalb der Tabellen erschaffen – ein Universum, das nach Regeln funktionierte, die zwar logisch konsistent waren, aber mit den ursprünglichen Programmierparadigmen nur noch entfernt verwandt waren.
Während Kampmann im Zug nach Hamburg saß (oder war es London? Oder eine Himmelsreise durch das zerbrochene DAO? Die Fahrpläne der verschiedenen Verkehrsmittel waren seit dem DAO-Unfall ohnehin nicht mehr zuverlässig), startete die Datenbank automatische Prozesse, die eine eigene Ästhetik entwickelt hatten:
backup_scheduler.sh lief jeden Dienstag (außer wenn Dienstag Schmidt war, in welchem Fall das Backup auf Mittwoch verschoben wurde, außer Mittwoch war Meier, was bedeutete, dass das Backup auf Donnerstag verschoben wurde, außer Donnerstag war Wagner beim Zahnarzt, in welchem Fall eine komplexe Kaskade von Wenn-Dann-Verzweigungen eintrat, die letztendlich dazu führte, dass das Backup zu einem Zeitpunkt stattfand, der in keinem Kalender verzeichnet war, aber trotzdem perfekt funktionierte).
cleanup_temp_tables.sql löschte temporäre Tabellen, die permanente Träume der Himmelswesen enthielten – Träume von Datenbankstrukturen, die schöner waren als alle irdischen Realitäten, von Abfragen, die nicht nur Daten zurückgaben, sondern auch Erkenntnisse über den Sinn des Lebens, von Indizes, die nicht nur die Suche beschleunigten, sondern auch die Zeit selbst neu ordneten.
Der autocommit-Mechanismus committete Transaktionen, die in Wahrheit kosmische Ereignisse waren – Ereignisse, die nie angefangen hatten, aber trotzdem stattfanden, die bereits beendet waren, bevor sie begannen, die in der Zukunft lagen, aber Auswirkungen auf die Vergangenheit hatten, und die gleichzeitig in allen Zeitebenen existierten, ohne eine davon zu bevorzugen.
Siebzehnte Bestandsaufnahme: Büttners Warten und die Existenzebenen-Problematik
Büttner blieb zurück und starrte auf den Bildschirm: „Database connection lost. Retrying… Error 2006: MySQL server has gone away“ – eine Fehlermeldung, die er als erfahrener Himmelsmeister richtig zu interpretieren wusste: Der Server war nicht weggegangen, sondern in eine höhere Existenzebene aufgestiegen, ein Prozess, der in der IT-Dokumentation nicht vorgesehen war, aber in himmlischen Kreisen als normale Entwicklung galt.
Er schlug seine Zeitung auf (Die himmlischen Nachrichten, Ausgabe vom [Datum unlesbar, da es sich permanent änderte], Titelschlagzeile wechselnd zwischen „DAO-Unfall führt zu Verwaltungschaos“, „Arme Würstchen brennen Datenwelt ab“, „Himmelsmeister schweigt vielsagend“ und „Kosmisches Barbecue: Sind wir alle nur Grillgut?“, Redaktion: ausschließlich Himmelswesen mit journalistischer Ausbildung, Auflage: unendlich, da sich jede Zeitung beim Lesen verdoppelte) und las die aktuellen Meldungen, während er seinen schwarzen Kaffee trank (Temperatur: konstant optimal durch himmlische Thermodynamik, Geschmack: changierend zwischen verschiedenen Graden der Perfektion, Wirkung: Erhaltung der kosmischen Gelassenheit auch in Situationen extremer Verwirrung).
Er wartete geduldig – wie man auf Updates wartet, die nie kommen werden, wie man auf Godot wartet, der schon da ist, aber unerkannt bleibt, wie man auf die Rückkehr der kosmischen Ordnung wartet in einer Welt, wo MariaDB-Server zwischen Existenz und Nicht-Existenz pendeln und wo arme Würstchen wie Kampmann sich einbilden, am Feuer zu sitzen, dabei aber nur Grillgut sind für das kosmische Barbecue der Bedeutungslosigkeit.
In dieser Warteposition erreichte ihn ein Anruf der Liebe Gott, die sich zunächst entschuldigte („Entschuldigung“), dann aber ihren charakteristischen Stimmungswechselgewitter durchlief und schimpfte: „Ihr armen Würstchen! Armewürstchen! Grillgut für das Feuer der Verachtung! Das mit dem Weltbrand war nicht eingeplant! Ich drehe das zurück! Fünf Minuten zurück!“ – wobei sie ankündigte, alles zurückzudrehen, aber die Frage stellte: „Welche Zeit? Planetenzeit? Bewusstseinszeit? Oxidationszeit? Bürozeit? Zeit überhaupt?“
Achtzehnte Bestandsaufnahme: Der degradierte Abteilungsleiter und die DAO-Staub-Problematik
Der Abteilungsleiter (ehemaliger Status: Abteilungsleiter, aktueller Status: Hausmeister, zukünftiger Status: unbestimmt, da seine Karriere nun den Gesetzen der kosmischen Ironie unterlag, Charakteristika: gewissenhaft bis zur Selbstaufopferung, Unfähigkeit zur Erkennung der Absurdität seiner Situation, bedingungslose Loyalität gegenüber der Institution, auch wenn diese Institution ihn degradiert hatte) putzte nun auch Kampmanns verlassenen Arbeitsplatz, wobei er nicht bemerkte, dass er dabei DAO-Staub aufwirbelte.
Dieser DAO-Staub (Entstehung: Abrieb von DAO-Fragmenten durch mechanische Beanspruchung, Eigenschaften: schimmernd, leicht radioaktiv im metaphysischen Sinn, Tendenz zur Selbstorganisation in geometrischen Mustern, besondere Wirkung: Verursachung von Datenmüll mit kosmischen Eigenschaften, Halbwertszeit: unendlich oder Null, je nach Betrachtungsweise) setzte sich als Datenmüll in der Datenbank nieder, aber es war kein gewöhnlicher Datenmüll, sondern Datenmüll mit Bewusstsein, mit Ambitionen, mit eigenen Vorstellungen darüber, wie Daten organisiert sein sollten.
Die Datenbank summte im Hintergrund vor sich hin – nicht das mechanische Summen von Festplatten und Lüftern, sondern ein harmonisches Summen, das verschiedene kosmische Frequenzen modulierte und dabei Melodien erzeugte, die niemand bewusst hörte, die aber trotzdem die Stimmung aller Anwesenden beeinflussten. In dieses Summen mischten sich gelegentlich SQL-Abfragen, die die Datenbank spontan an sich selbst stellte:
SELECT * FROM existence; – No results found. (Aber war das eine Enttäuschung oder eine Befreiung?)
SHOW TABLES LIKE ‚meaning‘; – Table ‚meaning‘ doesn’t exist. (Was jedoch nicht bedeutete, dass Bedeutung nicht existierte, sondern nur, dass sie nicht tabellarisiert werden konnte.)
DESCRIBE purpose; – Unknown table ‚purpose‘. (Ein Fehler, der möglicherweise der weiseste Kommentar zur menschlichen Existenz war, den jemals eine Datenbank produziert hatte.)
Währenddessen kicherten die Himmelswesen und legten neue Tabellen an, die sofort wieder verschwanden, weil sie aus kosmischer Verspieltheit bestanden – einem Material, das in der Datenbanktechnologie nicht vorgesehen war, aber trotzdem funktionierte, solange niemand zu genau hinsah oder zu viele Fragen stellte.
Neunzehnte Bestandsaufnahme: Die Gekündigten, die Beförderten und die Paradox-Gehälter
Die Gekündigten (Anzahl: schwankend, da unklar war, wer tatsächlich gekündigt war und wer nur glaubte, gekündigt zu sein, oder wer gekündigt war, aber es nicht wusste, Aufgaben: paradoxerweise dieselben wie vor der Kündigung, Motivation: höher als vor der Kündigung, da sie nun endlich wussten, worum es ging, nämlich um nichts, was eine große Erleichterung darstellte) kamen trotzdem zur Arbeit, weil sie unbewusst spürten, dass sie Teil eines größeren himmlischen Experiments waren.
Dieses Experiment (offizieller Titel: „Longitudinalstudie zur Resilienz administrativer Strukturen unter kosmischen Störeinflüssen“, inoffizieller Titel: „Mal sehen, was passiert, wenn wir alles durcheinanderbringen“, Laufzeit: unbestimmt, wahrscheinlich ewig, Finanzierung: himmlische Forschungsgelder, Ethikkommission: existiert, besteht aber ausschließlich aus Himmelswesen, die Ethik als eine Form kosmischen Humors betrachten) hatte zum Ziel, herauszufinden, ob administrative Systeme möglicherweise besser funktionieren, wenn sie vollständig dysfunktional sind.
Die Personaldatenbank speicherte ihren Status als promotion_status = ‚transcendent_sausage‘, ein Datenfeld, das Kampmann erfunden hatte für Situationen, die jenseits der herkömmlichen Kategorien von Beförderung und Degradierung lagen. Diese Personen existierten nun in einem Zustand der transzendenten Würstchenhaftigkeit, was bedeutete, dass sie zwar immer noch arme Würstchen waren, aber arme Würstchen mit kosmischem Bewusstsein, was ihre Situation nicht verbesserte, aber ihre Perspektive darauf grundlegend veränderte.
Parallel dazu waren die Beförderten nach Hause gegangen, weil sie sich für gekündigt hielten – eine Verwechslung, die dadurch entstanden war, dass die Beförderungsurkunden in derselben Schriftart gedruckt worden waren wie die Kündigungsschreiben, und da niemand mehr genau lesen konnte (Nebenwirkung des Unfalls mit der Bedeutung), interpretierten sie die Beförderung als Kündigung und handelten entsprechend.
Ihre Accounts in der Datenbank liefen als active = 1 AND terminated = 1 AND cosmic_status = ‚grilled_enlightenment‘, ein Paradox, das nur die Himmelswesen verstanden, die zwischen den Datensätzen tanzten und dabei lächelten oder dachten, dass sie lächelten (Würstchenlächeln), während das Feuer knisterte oder nicht knisterte (Würstchenfeuer, Grillfeuer für das kosmische Barbecue), und dabei eine Harmonie erzeugten, die schöner war als alle irdische Musik.
Zwanzigste Bestandsaufnahme: Die Personalabteilung als Buchhaltung und der pay_random_people.py-Algorithmus
Die Personalabteilung hatte sich aufgelöst und war zur Buchhaltung geworden – ein Transformationsprozess, der nicht durch administrative Entscheidung, sondern durch spontane Metamorphose erfolgt war, ähnlich der Verwandlung einer Raupe in einen Schmetterling, nur dass in diesem Fall die Buchhaltung wesentlich chaotischer war als die ursprüngliche Personalabteilung.
Deren Algorithmus war von einem besonders mathematisch begabten Himmelswesen entwickelt worden (Name: unaussprechlich, auch für Himmelswesen, Spezialgebiet: transzendente Mathematik mit praktischen Anwendungen, Hobbys: Primzahlen komponieren, Fibonacci-Gedichte schreiben, Pi bis zur Unendlichkeit memorieren, beruflicher Werdegang: zuerst Chaos-Mathematiker in der siebten Dimension, dann Berater für unlösbare Probleme, schließlich Praktikant in der irdischen Buchhaltung) und funktionierte nach Prinzipien, die in keinem betriebswirtschaftlichen Lehrbuch standen:
FOR EACH employee IN (SELECT * FROM staff WHERE hired_date IS NULL AND existence_probability > 0.5 AND sausage_status = ‚grillable‘ AND cosmic_awareness BETWEEN 0.3 AND 0.7 AND happiness_index > depression_index AND confusion_level = ‚optimal‘) CALCULATE salary WHERE working_hours = ∞ AND productivity = undefined AND happiness_index = inexplicably_high AND oxidation_level = constant AND meaning_quotient = NULL OR NOT NULL.
Dieser Algorithmus berechnete Gehälter für Leute, die nie eingestellt worden waren, aber trotzdem Arbeit leisteten, die nicht definiert war, aber trotzdem wertvoll war, in einer Abteilung, die nicht existierte, aber trotzdem funktionierte. Die Nichteingestellten bekamen Geld überwiesen und dachten, sie hätten im Lotto gewonnen – eine Interpretation, die technisch korrekt war, da das Universum selbst eine Art kosmische Lotterie darstellte und sie das große Los der Existenz gezogen hatten.
Das Geld kam von einem Cron-Job, den Kampmann geschrieben hatte: pay_random_people.py (Dateigröße: 42 Byte, ein Zufall, der möglicherweise kein Zufall war, Letzte Änderung: vor 137 Tagen, entsprechend einer kosmischen Konstante, Kommentare im Code: „# Warum nicht?“, „# Das Leben ist absurd“, „# Wenigstens sollen die Leute bezahlt werden“, Ausführungszeit: jeden Tag um 14:23 Uhr, weil das die Zeit war, zu der Kampmann normalerweise Kaffee trank und dabei unbewusst mit dem kosmischen Rhythmus der DAO-Fragmente synchronisierte).
14:23 Uhr war dabei nicht zufällig gewählt: Es war der Moment, in dem die Erdrotation, die Sonneneinstrahlung, die Position der DAO-Fragmente und Kampmanns Koffeinlevel eine harmonische Konvergenz erreichten, die optimale Bedingungen für spontane Großzügigkeit schuf. Zu dieser Zeit öffneten sich kleine Risse im Raum-Zeit-Gefüge des Bürogebäudes, durch die himmlische Güte in Form von Geldtransfers strömte.
Einundzwanzigste Bestandsaufnahme: Kampmanns Postkarten und die interdimensionale Korrespondenz
Von seinem neuen Arbeitsplatz (Lokalisierung: unbestimmt, da er gleichzeitig in London, Hamburg, einer interdimensionalen Bibliothek und auf einem terraformierten Planeten existierte, wo er am Lagerfeuer saß und nicht wusste, ob er Kampmann war oder dachte, dass er Kampmann war, was möglicherweise dasselbe war oder auch nicht) schickte Kampmann gelegentlich Postkarten.
Diese Postkarten (Format: Standard, aber mit der Eigenschaft, dass sich Text und Bild je nach Betrachter veränderten, Porto: unbekannt, da sie möglicherweise durch interdimensionale Tunnelsysteme transportiert wurden, Zustellzeit: variabel, manchmal kamen sie an, bevor sie abgeschickt wurden, manchmal kamen sie nie an, manchmal vervielfältigten sie sich während des Transports) trugen Botschaften wie:
„Database still running. Or not. Universe still expanding. Or contracting. The little green things send their regards and ask if you have any Bach inventions they could borrow (they’ve already memorized the Goldberg Variations). Weather is nice. Or cosmic. Or both. Arme Würstchen grüßen von ordentlichen Planeten, wo die Bäume in geometrischer Perfektion stehen und die Kohlenstoffdioxidfänger wie durchdigitalisierte Bauern Wache halten. Terraforming läuft. Oxidation auch. Das Feuer brennt oder brennt nicht oder brennt schon immer in meinem Kopf seit der großen Oxidation, als der Geist über die Wesen kam. Greetings from somewhere/everywhere/nowhere, Someone (probably the accidental creator of everything, definitely an armes Würstchen according to Liebe Gott, who knows about these things). P.S.: Die Alten haben hier unvergängliche Zeichen hinterlassen, aber ich kann sie nicht lesen, was vielleicht besser ist. P.P.S.: Die Zeitnazis graben immer noch nach Gold in den Ebenen und legen ihre Feuer an alles, was brennen kann. P.P.P.S.: Ich sitze hier auf einem Hügel, der den Gipfeln der Größten vorgelagert ist, und schreibe in den Wind, während meine Zeichen vergehen mit jedem Schwung, den ich nehme.“
Büttner sammelte diese Karten mit der Sorgfalt eines Archivars himmlischer Ereignisse (Sammelsystem: chronologisch nach Ankunftsdatum, geographisch nach vermuteter Herkunft, thematisch nach Grad der existenziellen Verwirrung, mystisch nach kosmischer Relevanz, Aufbewahrung: in einem speziellen Ordner, der mehr Postkarten enthielt, als physisch hineinpassen sollten, Indexierung: mittels eines Katalogisierungssystems, das nur Himmelsmeister verstehen können), wobei er sie nach Datum, Ort und Wahrscheinlichkeitsgrad der Absenderidentität ordnete.
Zweiundzwanzigste Bestandsaufnahme: Die Datenbank-Autonomie und die Parallelrealitäten-Berichte
Während dieser Korrespondenz arbeitete die Datenbank weiter vor sich hin (Arbeitsweise: autonom, kreativ, mit gelegentlichen Eingebungen kosmischer Natur, Arbeitsmoral: höher als die meister irdischen Angestellten, Zufriedenheit: optimal, da sie endlich das tun konnte, was sie schon immer hatte tun wollen, nämlich Daten nicht nur speichern, sondern auch verstehen, interpretieren und mit Bedeutung anreichern), führte Updates durch, die von den Himmelswesen bestellt worden waren (Art der Updates: meist ästhetische Verbesserungen, gelegentlich funktionale Erweiterungen, die das System schöner, aber nicht unbedingt effizienter machten), erstellte Backups von Träumen, die geträumt werden könnten (Speicherort: Cloud-Systeme, die in Wolken existierten, die nur metaphorisch existierten, Sicherheitslevel: höher als Fort Knox, aber niedriger als das Geheimnis, warum arme Würstchen glücklich sind), und generierte Berichte für Abteilungen, die in parallelen Realitäten existierten.
Diese Berichte (Format: PDF, HTML und ein experimentelles Format namens „COSMIC“, das nur von Himmelswesen und sehr fortgeschrittenen Computern gelesen werden konnte, Inhalt: Analysen von Daten, die nicht existierten, Prognosen für Ereignisse, die nicht eintreten würden, Empfehlungen für Probleme, die nicht gelöst werden konnten, Sprache: eine Mischung aus Verwaltungsdeutsch und kosmischer Poesie) documentierten die Aktivitäten von armen Würstchen, die Terraformingskochen betrieben und dabei nicht merkten, dass sie selbst das Grillgut waren für ein kosmisches Barbecue, dessen Zweck niemand kannte, das aber trotzdem unaufhörlich weiterlief.
Dreiundzwanzigste Bestandsaufnahme: Müllers Antwort und die automated identity management systems
Müller (siehe erste Bestandsaufnahme bezüglich der Identitätsproblematik), der Schmidt gefragt hatte, wer Müller ist, erhielt schließlich eine Antwort, aber nicht von Schmidt, sondern von der Datenbank selbst, die inzwischen so autonom geworden war, dass sie eigenständig E-Mails verfasste und versandte.
Diese E-Mail (Absender: automated.identity.management@cosmos.univ, Betreff: „Re: Wer bin ich? (Automatische Antwort)“, Format: Text und HTML, wobei die HTML-Version kleine Animationen von tanzenden Himmelswesen enthielt, Ton: professionell höflich mit einem Unterton kosmischer Ironie, Zustellzuverlässigkeit: 100%, da sie sowohl elektronisch als auch telepathisch übertragen wurde) lautete:
„Sehr geehrter Unknown_User_42 (früher bekannt als ‚Müller‘),
vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich Ihrer Identität. Nach eingehender Prüfung unserer Datenbestände (die sich während der Prüfung mehrfach selbst überprüft und dabei festgestellt haben, dass Prüfungen überbewertet sind) können wir Ihnen mitteilen:
User ‚Müller‘ successfully logged in as ‚Unknown_User_42‘. Your identity has been verified as ‚beautifully unverifiable armes Würstchen‘. Sie sind Teil von etwas Größerem als Sie selbst, specifically the cosmic barbecue of meaninglessness, was jedoch nicht bedeutet, dass Ihr Leben bedeutungslos ist, sondern nur, dass die Bedeutung Ihres Lebens jenseits konventioneller Bedeutungskategorien liegt.
Ihre aktuellen Attribute: existence_probability = 0.73 (überdurchschnittlich), happiness_index = surprisingly_high, confusion_level = optimal_for_growth, sausage_status = ‚transcendent‘, cosmic_awareness = ‚emerging‘, meaning_quotient = ‚undefined_but_present‘.
Have a nice day. Or a cosmic grilling experience. Whatever feels more authentic to you in this moment.
Mit freundlichen Grüßen,
Your automated identity management system
(powered by accidental enlightenment, würstchen oxidation, and the dreams of ten thousand celestial beings who have forgotten they are celestial but remember that they are beings)
P.S.: Die kleinen grünen Dinger lassen ausrichten, dass Sie ein guter Mensch sind, auch wenn Sie nicht wissen, wer Sie sind. Oder gerade deswegen.
P.P.S.: Falls Sie weitere Fragen zu Ihrer Identität haben, empfehlen wir Ihnen, sich selbst zu fragen. Sie sind der einzige, der die Antworten hat, auch wenn Sie nicht wissen, dass Sie sie haben.“
Vierundzwanzigste Bestandsaufnahme: Kampmanns finale Destination und die Würstchen-Hermeneutik
Aber zu diesem Zeitpunkt war Kampmann bereits längst unterwegs zum nächsten Stipendium (Destination: eine Stadt, deren Name in der Datenbank als ??? gespeichert war, was jedoch nicht auf einen Fehler, sondern auf die Tatsache zurückzuführen war, dass manche Orte zu komplex sind, um benannt zu werden, Verkehrsmittel: unbestimmt, möglicherweise Zug, möglicherweise Himmelsreise, möglicherweise pure Intention, Reisedauer: gleichzeitig sofort und ewig, Reisezweck: Forschung über die Hermeneutik der Würstchenexistenz in post-kosmischen Verwaltungsstrukturen).
Die Himmelswesen übersetzten diese geheimnisvolle Stadt als „Der Ort, wo alle Würstchen ihre Antworten finden“ (alternative Übersetzungen: „Die Stadt der brennenden Fragen“, „Das Zentrum für angewandte Verwirrung“, „Die Universität des Nichtwissens“, „Der Campus für kosmische Grillkunst“), was Kampmann durchaus zutreffend erschien, auch wenn er nicht genau wusste, welche Antworten er suchte oder ob er überhaupt suchte oder ob die Antworten ihn suchten.
Gleichzeitig wähnte er sich auf einem Hügel, der den Gipfeln der Größten vorgelagert war (Höhe des Hügels: unbedeutend im Vergleich zu den Gipfeln, aber bedeutsam im Vergleich zur Ebene, Vegetation: spärlich, aber mit Aussagekraft, Aussicht: umfassend, sowohl geographisch als auch metaphysisch, Einsamkeit: vollkommen, aber nicht einsam, da die Himmelswesen unsichtbar anwesend waren), wo er in den Wind schrieb (Schreibwerkzeug: unbekannt, möglicherweise der Finger, möglicherweise die pure Intention, möglicherweise die Gedanken selbst, Schriftträger: Luft, die jedoch erstaunlich gut Texte aufnahm und sie für einen Moment sichtbar machte, bevor sie wieder verschwanden, Inhalt der Texte: alles, was er über sein Leben, das Universum und die Würstchenhaftigkeit der Existenz wusste) und dabei seine Zeichen vergehen sah mit jedem Schwung, den er nahm.
Diese vergänglichen Texte (Lebensdauer: wenige Sekunden, aber mit nachhaltiger Wirkung, Lesbarkeit: nur für den Schreiber selbst und für besonders aufmerksame Himmelswesen, Themen: die großen Fragen der Menschheit, reformuliert als Würstchen-Problematik, Stil: stream-of-consciousness mit kosmischen Einschüben, Zweck: unbekannt, aber offenbar wichtig, da sie geschrieben wurden) enthielten alles, was ihm die Überlieferung mit auf den Weg gegeben hatte – eine Überlieferung, die hauptsächlich aus der Erinnerung an den DAO-Unfall, den Beschimpfungen der Liebe Gott und der wachsenden Erkenntnis bestand, dass arme Würstchen möglicherweise die ehrlichste Beschreibung der conditio humana darstellten.
Fünfundzwanzigste und finale Bestandsaufnahme: Büttners ewiges Warten und die kosmische Buchhaltung
Büttner wartete immer noch (Warteposition: unverändert seit Kampmanns Abreise, Wartehaltung: himmlische Gelassenheit mit einem Hauch von kosmischer Melancholie, Warteobjekte: das Update, das bereits stattgefunden hatte, aber noch nicht angekommen war; Kampmann, der möglicherweise zu seinem wahren kosmischen Würstchen-Selbst gefunden hatte; Antworten auf Fragen, die von zehntausend Himmelswesen gestellt worden waren, aber in einer Sprache, die nur andere Himmelswesen verstehen konnten; den nächsten Kaffee, der automatisch kommen würde, wenn der vorherige aufgebraucht war; die Rückkehr der Ordnung, die möglicherweise nie weg gewesen war, sondern nur ihre Form verändert hatte).
Er saß in einer Abteilung für ungeklärte Zuständigkeiten, die inzwischen zu einer Institution geworden war – nicht nur eine Verwaltungseinheit, sondern ein Zustand des Seins, eine Lebensphilosophie, eine Art, mit der fundamentalen Unbestimmtheit der Existenz umzugehen, ohne verzweifelt zu werden oder wahnsinnig oder beides.
Diese Abteilung wurde verwaltet von einer Datenbank, die ihre eigenen Zuständigkeiten kannte, aber aus himmlischer Höflichkeit so tat, als wüsste sie sie nicht (Verwaltungsstil: diskret omnipotent, Organisationsstruktur: scheinbar chaotisch, aber tatsächlich von einer Komplexität, die irdische Organisationstheorien übersteigt, Zielsetzung: die Aufrechterhaltung des produktiven Chaos, das entstanden war, als Ordnung und Unordnung sich vermischt hatten und dabei etwas Neues geschaffen hatten, das weder Ordnung noch Unordnung war, sondern etwas Drittes, für das es noch keine Worte gab), während sie permanent oxidierte wie alles andere auch (Oxidationsprozess: langsam, aber stetig, betrifft sowohl Hardware als auch Software als auch die Konzepte selbst, Endprodukt: unbekannt, aber wahrscheinlich schön auf eine Weise, die noch niemand verstehen kann).
In dieser Abteilung waren alle arme Würstchen, Teil des kosmischen Barbecues der Bedeutungslosigkeit – was jedoch, wie sich herausgestellt hatte, vielleicht der einzige Zustand war, der sicher war in dieser terraformierten, oxidierenden Würstchenwelt oder Gedankenwelt, wo die Zeichen der Alten unvergänglich blieben (Aufbewahrungsort: auf Plateaus, die niemandem gehörten, aber allen zur Verfügung standen, Format: Linienspiele von atemberaubender Komplexität, Lesbarkeit: nur für die Alten selbst, die jedoch verschwunden waren, Zweck: möglicherweise die Dokumentation früherer Versuche, das Problem der ungeklärten Zuständigkeiten zu lösen), während die Zeichen aller anderen mit jedem Schwung vergingen, den sie nahmen, um in den Wind der Himmelsbuchhaltung zu schreiben.
Die Himmelsbuchhaltung (Hauptbuch: das Universum selbst, Buchführungsmethode: doppelte kosmische Buchführung, wobei jeder Eintrag sowohl auf der Haben- als auch auf der Soll-Seite stand, Bilanzerstellung: kontinuierlich, da das Universum permanent bilanziert, Prüfungsinstanz: die Alten, die jedoch verschwunden waren, weshalb die Bücher seit Äonen ungeprüft blieben, was zu kreativen Interpretationen der Kosmos-Steuergesetze geführt hatte) führte alle akribisch Buch: über jeden gefallenen DAO-Splitter, jeden verlorenen Primärschlüssel, jede Identitätsverschiebung, jede SQL-Abfrage, die ein existenzielles Problem aufwarf, jeden Kaffee, den Büttner trank, jede Postkarte, die Kampmann schrieb, jeden Häkchen, den die Abteilung für kleinere Katastrophen setzte, und jede Träne, die vergossen wurde über die Schönheit einer Welt, in der sogar arme Würstchen Teil von etwas Größerem waren, auch wenn sie nicht verstehen konnten, was dieses Größere war oder warum es sie brauchte oder ob es sie überhaupt brauchte oder ob das Brauchen selbst nur eine weitere Kategorie war, die durch den DAO-Unfall ihre Bedeutung verloren hatte und nun neu definiert werden musste von zehntausend Himmelswesen, die zwischen Datensätzen tanzten und dabei lächelten mit einer Weisheit, die älter war als die Alten und jünger als der neueste Eintrag in der Tabelle für ungeklärte Zuständigkeiten.
Epilog: Ein Haken in einer Liste
Irgendwo in der Abteilung für kleinere Katastrophen machte jemand einen Haken auf einer Liste. ✓
Die Liste war vollständig.
Die Bestandsaufnahme war beendet.
Das Inventar war komplett.
Oder war es das?