Dude-Netzwerk

Nicht nur wegen der multiplen Identität des Dudes ist die reale Zahl der Dudes
in der Radical Dude Society schwer zu bestimmen, sondern auch deshalb, weil
neben langjährigen Aktivisten sich auch Mitwirkende an den zahlreichen
Festivals temporär als Dudes begriffen. Typische Slogans waren «radikales
Spiel» und «die große Irritation». Auch Publikationen wie das multiple
Fanzine GROB sollten Irritation und radikales Spiel verkörpern, anstatt bloß
beschreiben. So experimentierten sowohl die Festivals als auch Schriften mit
radikaler Unterminierung von Identität, Körpern, Medien und den Kategorien
des Eigentums und der Wahrheit. Anders als in typischen postmodernen
Strömungen war dieses Experiment praktisch und daher existentiell. Zum
Beispiel war der Dude nicht bloß ein kollektives Pseudonym oder eine
mythische Person, sondern eine Identität, die von der Radical Dude Society real
gelebt wurde. Neben üblichen subkulturell-künstlerischen Medien wie
Fanzines, Performance, Super-8-Film und Video wurden zu diesem Zweck
auch Computerviren, Lebensmittel, flammende Schnellkochtöpfe sowie, als
telepathische Antennen, Metallkleiderbügel eingesetzt. Mit Thomas Pynchon
könnte die Radical Dude Society ein «anarchistisches Wunder» eines
internationalen Netzwerks von Exzentrikern genannt werden, die mit oft
extremer Intensität unter der gemeinsamen Identität des Dudes
zusammenarbeiteten.

Quelle: Radical Dude Society, abgedruckt in: Radical Dude Society, BoD, Norderstedt, 2020