Einfach raus

Ich wollte jetzt einfach nur raus. Das hatte ich mir schon gestern Abend vorgenommen, dass ich das heute tun würde. Erst kurz bei der Tochter vorbeischauen. Ein Buch, einen Ventilator, vorbeibringen.

Dann den Tracker starten. Nieselregen. Ich entsprechend gekleidet. Wollmütze, Wanderhose, leichte Treckingschuhe, Softshelljacke, den Troyer drunter. ein Nackenwärmer. Losgehen.

Nicht weit, schon bin ich in der kleinen Parkanlage. Hundeausführzeit. Missmutige Blicke. Schlammiger Weg. Das Wasser steht in Pfützen. Der Bach schon angeschwollen. Alles nicht bedrohlich. Grauverhangen der Himmel, der Tag.

Ich überlege, welchen Weg ich nehme, wenn ich an der Gabelung angekommen bin. Den über die offene Fläche? Den durch den Wald? Ich denke noch, warum ich jetzt schon an das denke, was erst kommen wird. Offene Fläche denke ich. Als ob ich Angst davor haben müsste. Heute. Als ob ich Wild bin, was geschossen werden könnte.

Ich nehme dann den anderen Weg. Den durch den Wald. Den, der schmal und morastig ist.

Vorher die Schutzhütte. Drei alte Leutchen. Kaffeebecher. Thermoskanne. Geschwätz. Rast? Picknick?

Beim Haus des Försters biege ich rechts ab. Ich würde gerne in diesem Haus wohnen. Überlege, wie ich den Förster dort herausbekomme.

Der Weg steigt leicht an. Das Laub liegt auf dem Boden. Der Weg wird zum Pfad. Unter dem Laub Schlamm. Morast. Keine Menschenseele. Kein Vogel. Windstill. Immer noch Nieselregen. Die Jacke nass, nicht durchnässt. Ich leicht schwitzend. Jetzt höre ich den Lärm der nahen Bundesstraße. Nasse Straßen klingen anders als trockene.

Gleich kommt die Kehre, dann geht es zurück. Auf dem Weg, wo im Sommer die Ringeltauben aufflogen. Der Eichelhäher mich an das Wild verriet.

Die Hose ist bis zur Kniekehle mit Schlamm bespritzt. Die Schuhe triefnass. Vor mir biegt eine Frau mit ihrem Hund auf den Weg, den ich entlanggehe. Sie geht geradeaus, den Hügel hinauf, ich rechts herum. Ich habe sie schon vorher gesehen. Kurz bevor ich am Forsthaus war. Da dachte ich, sie würde ihrem Hund hinterhereilen. Der einfach nicht auf sie hören wollte. Jetzt scheint es mir so, dass die beiden miteinander, aber auf Abstand, durch den Wald eilen.

Wieder entscheide ich mich für eine Abzweig. Ich möchte zurück in die kleine Parkanlage. Vorher schlittere ich einen Pfad abwärts. Zu einem Haus. Naturschutz Haus steht da drauf. An der Hauswand. Da, wo nichts steht, ist die Wand mosiggrün verfärbt.

Die Hundewiese vor dem Haus ist verwaist. Unter dem Pavillon stehen weiße Monobloc-Stühle. Ein paar stehen daneben. Warum, frage ich mich. Platz wäre unter dem Pavillon genug. Ein Schild Wiesenknigge steht am Zauntor zur Wiese. In der Ferne grüßen die grauen Wohnblöcke der Vorstadt.

The Orb, Little Fluffy Clouds (Tokyo 2.7.93), Live 93, Island Records, 1993